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Gemeinsame Pressemitteilung |
Hannover, 05.03.2025
Neue Ergebnisse zur Rolle von drei Bundesanstalten in der NS- und Nachkriegszeit
Die Ressortforschungseinrichtungen nehmen staatliche Aufgaben auf eine besondere Weise wahr und vermitteln als "forschende Behörden" zwischen Wissenschaft und Politik. Die Frage der Verstrickung von drei Bundesanstalten im Ressort des BMWK und seiner Vorläufer in den NS-Staat sowie der Umgang mit dieser Vergangenheit wurde in dem Projekt „Aufarbeitung der Geschichte der Ressortforschungseinrichtungen des BMWK in NS- und Nachkriegszeit. BAM, PTB, BGR und ihre Vorgänger zwischen Führerstaat und Neuanfang“ analysiert. Die Ergebnisse zeigen nun, dass sie als Instanzen, Aufrüstung, Krieg und Verfolgung ermöglichten. Sie übten dafür, gerade wegen ihrer zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik vermittelnden Tätigkeit, eine Schlüsselfunktion aus.
Heute wurden im BMWK die Ergebnisse eines vierjährigen Forschungsprojekts zur Geschichte der Ressortforschungseinrichtungen des BMWK vorgestellt. Ein unabhängiges Team von Historikerinnen und Historikern unter der Leitung von Prof. Dr. Helmut Maier (Wuppertal) und Prof. Dr. Carsten Reinhardt (Bielefeld) hat seit 2020 die Geschichte der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) und der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) sowie ihrer Vorgängereinrichtungen untersucht. Die Ergebnisse liegen nunmehr vor und ermöglichen eine umfassende Wahrnehmung der Geschichte der Ressortforschung in Deutschland.
Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck:
„In zwei Monaten begehen wir den 80. Jahrestag des Kriegsendes und damit des Endes der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland und Europa. Es fügt sich gut, dass zu diesem Jahrestag nun auch die NS-Geschichte der Ressortforschungseinrichtungen des BMWK vorliegt. Denn wie unter einem Mikroskop sehen wir: Die Arbeit der Wissenschaftler in den Ressortforschungseinrichtungen hatte einen maßgeblichen Anteil daran, dass der NS-Staat seine Eroberungs- und Vernichtungskriege führen konnte. Dieses Ergebnis des Forschungsprojekts bekräftigt: Die Verbrechen des Nationalsozialismus geschahen nicht ohne oder gegen den Staat, sondern mit ihm und durch ihn. Es ist wichtig, dass wir uns das in Zeiten eines erstarkenden Autoritarismus immer wieder in Erinnerung rufen.“
Prof. Dr. Ulrich Panne, Präsident der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM):
„Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die Vorgängerinstitutionen der BAM noch tiefer in die NS-Kriegswirtschaft verstrickt waren als bisher bekannt. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen forschten bereitwillig an Rüstungsprojekten, Widerstand gab es praktisch nicht, jüdische Kollegen wurden ausgeschlossen und auch nach 1945 nicht wieder in die kollektive Erinnerung aufgenommen. Umso wichtiger ist es, heute entschieden für Demokratie, Vielfalt und Toleranz einzutreten.“
Prof. Dr. Cornelia Denz, Präsidentin der Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB):
„Eine Institution wie die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), die auf eine lange Geschichte zurückblickt, darf ihre dunklen Kapitel nicht aussparen. Die grausame Zeit des Nationalsozialismus, in die auch die Vorgängerin der PTB, die Physikalisch-Technische Reichsanstalt (PTR), verstrickt war, ist ein solches Kapitel, das wir sehen und mit dem wir uns kritisch auseinandersetzen müssen. Das Wissen über unsere Rolle in der nationalsozialistischen Gewaltpolitik und in der inhumanen Verfolgung von Menschen gehört zur Wahrheit dazu, und es ist wesentlich für das Selbstverständnis einer Institution wie der unsrigen. Daher bin ich, als jetzige Präsidentin der PTB, sehr dankbar für die nun erfolgte, wissenschaftshistorische Untersuchung, welche die nationalsozialistische Vergangenheit der Reichsanstalt systematisch betrachtet und neue Erkenntnisse zutage gefördert hat. Denn neben all den wissenschaftlichen Errungenschaften und messtechnischen Meisterleistungen, für die die PTR und die PTB zweifellos stehen, haben wir die gesellschaftspolitische Verpflichtung, uns dieser Vergangenheit zu stellen, kontinuierlich an sie zu erinnern und daraus für die Zukunft zu lernen."
Prof. Dr. Ralph Watzel, Präsident der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR):
„Das aktuelle Forschungsprojekt ermöglicht uns erstmals einen umfassenden Blick auf das dunkelste Kapital unserer Behörden und ihrer Vorläuferinstitutionen. Die BGR hat sich deshalb schon frühzeitig für die Geschichtsaufarbeitung eingesetzt und sie stets unterstützt. Die kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit durch neutrale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ermöglicht uns eine ungetrübte Einsicht in den geschichtlichen Kontext. Die Ergebnisse zeigen, wie gesellschaftlich wirksam die Geowissenschaften sind. Dieser Verantwortung müssen wir uns unverändert bewusst sein. Wir sehen auch, wissenschaftliche Leistung und menschliches Handeln können nicht voneinander getrennt werden. Das Fundament der Wissenschaftsfreiheit ist die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Deshalb sind wir alle aufgefordert, uns für sie einzusetzen.“
Weiter Informationen finden Sie unter diesen Link.
Pressesprecher BGR: Andreas Beuge, Tel.: 0511 643 2679, Mobil: +49 170 085 696 62 |