Expeditionen in den Polaren Ural: Erforschung der Ophiolithe und ihres Rohstoffpotenzials
Beitrag zum Projekt:
Mit der Auflösung der Sowjetunion hat Russland seine wichtigsten Chromerzlagerstätten an Kasachstan verloren. Chromerzvorkommen sind aber auch aus wenig erschlossenen Gebieten des Polaren Urals bekannt. Fachleute nehmen sogar an, dass hier die größten in Russland verbliebenen Chromerzreserven konzentriert sind. Außerdem wird von Platinelement-Vorkommen berichtet. Daher besteht ein fundamentales Interesse von russischer Seite, die Rohstoffexploration in dieser Region zu verstärken.
Quelle: BGR
Unterstützung kommt dabei auch von Deutschland. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) startete im Rahmen der wissenschaftlich-technologischen Zusammenarbeit (WTZ) mit Russland das Projekt PURE (Polar Urals Expedition). Geowissenschaftler der BGR in Hannover und von Geologischen Instituten der Russischen Akademie der Wissenschaften in Syktyvkar (Republik Komi) und Moskau führten in den Sommermonaten der Jahre 2001, 2002 und 2003 gemeinsame Expeditionen in den Polaren Ural durch (siehe Bild 1). Während der Feldarbeiten in der Tundra südlich von Vorkuta lebten die Geowissenschaftler in Camps und erkundeten die Umgebung mit Unterstützung eines Kettenfahrzeugs und gelegentlich eines Hubschraubers (Bild 2).
Die bisher bekannten Erzvorkommen im Polaren Ural sind an die unteren ultramafischen Gesteinspartien innerhalb eines langen N-S verlaufenden Gürtels von Ophiolithkomplexen gebunden. Ophiolithe sind Splitter fossiler ozeanischer Kruste mit unterlagerndem Mantel, die durch plattentektonische Vorgänge auf kontinentale Kruste überschoben wurden. Die Ophiolith-Gesteinsabfolge besteht normalerweise aus Tiefsee-Sedimenten, vulkanischen Gesteinen (Basalten), basaltischen Ganggesteinen, Gabbros und ultramafischen Gesteinen der untersten Kruste und des oberen Mantels. Die gemeinsamen Expeditionen in den größten Komplex, das 150 km lange und 20 km breite Voykar-Ophiolithmassiv, und in den nördlich anschließenden Rai-Iz-Komplex haben aber Hinweise erbracht, dass offenbar keine 'klassischen' Ophiolithsequenzen vorliegen, vor allem kaum vulkanische Ozeanbodengesteine vorkommen. Zahlreiche Intrusionen von Ultramafititen (Pyroxenite) und Gabbros weisen eher auf ein tieferliegendes Krustenniveau hin. Unregelmäßig orientierte basische Gänge zeigen höchstens subvulkanische Verhältnisse an. Erste Altersbestimmungen deuten darauf hin, dass die Ophiolithe auch älter sein könnten als bisher angenommenes Mittelpaläozoikum.
Quelle: BGR
Die Verteilungsdichte der Chromitvererzungen ist sehr ungleichmäßig. Sie nimmt vom südlichen Voykar-Ophiolithkomplex gegen Nord zum Rai-Iz-Komplex, wo Chromerz bereits abgebaut wird, deutlich zu. Innerhalb der Komplexe sind mindestens zwei Vererzungshorizonte zu unterscheiden: massige tektonisch überformte Lagerstätten im tieferen Teil und disseminierte, schichtige, kaum verformte Chromititlager im oberen Teil (Bild 3).
Nach Abschluss der letzten Geländesaison wird gegenwärtig das umfangreiche Probenmaterial analysiert, um – in Verbindung mit den Geländebeobachtungen und der tektonischen Modellierung – weitere Informationen zur Entstehung, Altersstellung und Platznahme der Ophiolithkomplexe und zur damit gekoppelten Verteilung, Lagerstättenform und Geochemie von Chromit-Anreicherungen zu erhalten. Eine weitere Aufgabe ist die Überprüfung spezifischer Gesteinsbereiche (Chromitite, Sulfidanreicherungen) auf Platinelement-Anreicherungen. Daraus sollen – im Gegensatz zu den wenig fassbaren Angaben in der bisherigen Literatur – realistischere Aussagen zum Lagerstättenpotenzial im Polaren Ural abgeleitet werden.