01/06: Dekorsteine - natürliche Kunstwerke
Das Sammlungsobjekt des Monats
Quelle: BGR; Foto: Angela Ehling
Manchmal braucht es den Blick fürs Detail um große Landschaften zu entdecken! Der so genannte „Landschaftsmarmor“ oder „Ruinenmarmor“ macht’s möglich. Das geschulte Geologenauge sieht natürlich sofort, dass es sich dabei nicht um Marmore handelt. In der Natursteinpraxis werden alle polierfähigen Kalksteine als Marmor angesprochen, in Italien wird der Begriff noch weiter gefasst. Beide oben genannten Bezeichnungen haben ihren Ursprung in Italien: „Marmo Ruiniforme“ und „Marmo Paesina“.
Im Gegensatz zu der seit Goethe ständig wiederholten Auffassung, ist der Kalkstein nicht tektonisch zerbrochen, verschoben und verkittet. Die Färbung und Struktur wird durch Diffusion von metalloxydhaltigen Stoffen erzeugt, wobei einmal ausgefällte Stoffe eine Zone der Verarmung um sich bilden, die eine kontinuierliche Niederschlagsbildung verhindert. So entstehen stark eingefärbte Partien, welche oft übergangslos enden. Ist das Gestein zur Zeit der Diffusion von feinsten Rissen durchzogen, wirken diese als Diffusionshindernis und täuschen ein scheinbar mechanisch deformiertes Gefüge vor.
Die klassische Fundstätte für dieses dekorative Gestein ist Bagno a Ripoli bei Florenz. Dort wurde das derart texturierte Gestein seit der Antike für dekorative Zwecke verwendet. Im Mittelalter und bis zum Rokoko galten die „Ruinenmarmore“ selbst als frappierende Naturphänomene beim Ausschmücken von Kirchen, Schlössern und Patrizierhäusern. Aus dieser Zeit sind besonders Intarsien, Möbelbeläge, Tischplatten, Sockel, Schalen, Vasen und Dosen überliefert.
Die kleine Zusammenstellung zeigt, dass man interessante „Landschaften“ nicht nur an der Typuslokalität findet. Die abgebildeten Steine (legato: Klaus Börner, 12.09.2005) aus der Berliner Naturstein-Sammlung stammen aus Rignano bei Florenz, Torrente Nure bei Piacenza und aus Bad Salzdetfurth (jeweils 4 x 3 cm). Die Kunstgeschichte nennt noch andere Fundstellen: die Kreidekalke von Klosterneuburg bei Wien, Anthering und Elixhausen bei Salzburg sowie Högl bei Bad Reichenhall. In den letzten Jahren erscheinen ähnlich texturierte Gesteine aus Indien und China auf dem Markt.
Literatur:
BÖRNER, K. & HILL, D. (2005): Große Enzyklopädie der Steine, Volume 2005, Börner & Hill.
MÜLLER, F. (1990 ff.): Internationale Naturstein-Kartei. - Ulm, Ebner-Verlag.
Übrigens: Die BGR unterhält Sammlungen in Berlin und Hannover, hier in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG). Sie gehören zu den großen geowissenschaftlichen Sammlungen in Deutschland.
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