IV/09: Im Kohlefeuer geboren: Paralava und Klinker
Das Sammlungsobjekt des Quartals
Quelle: BGR. Foto: Siegfried Pietrzok
Alter: Pliozän (3 Millionen Jahre)
Fundort: Stenkul Fiord, südliches Ellesmere Island (Kanadische Arktis)
Während der BGR-Expedition "CASE 8" in das südliche Ellesmere Island in der kanadischen Arktis 2004 wurden große rote Flecken inmitten von frühtertiären (circa 55 Millionen Jahre alten) Ablagerungen mit Kohleflözen entdeckt. Die dort vorkommenden Gesteine, die vulkanischer Lava oder Hochofenschlacke ähneln, sind Zeugen von einstigen Flözbränden (Piepjohn et al. 2007, Estrada et al. 2009). Ihr Entstehungsalter (Pliozän, vor circa 3 Millionen Jahre) konnte durch die Argon-Argon-Datierung ermittelt werden.
Oberflächennahe Kohlenflöze können durch natürliche Ursachen wie spontane Selbstentzündung, Blitzeinschläge oder Waldbrände in Brand geraten. Menschliche Aktivitäten - heute weltweit eine der häufigsten Ursachen für Kohlefeuer - können für das Pliozän ausgeschlossen werden. Durch die Hitze des sich schnell ausbreitenden Flözbrandes werden die darüber liegenden Sedimentgesteine geröstet, wobei gelbe und rote "Klinker" entstehen. Das kann bis zum Schmelzen der Gesteine und der Bildung von sogenannter Paralava führen. Dieser Prozess ist ein Sonderfall der Kontaktmetamorphose und wird auch als Pyrometamorphose bezeichnet (siehe Grapes 2006). Typische Mineralbildungen, die in der Paralava von Ellesmere Island nachgewiesen wurden, sind Cordierit, Mullit, Tridymit oder Cristobalit. Vereinzelt wurde auch Paralava gefunden, die nur aus Magnetit und Hämatit besteht und die durch das Schmelzen von Siderit-Konkretionen in den Ausgangssedimenten entstanden ist.
Die sehr blasenreiche Paralava steigt nach oben und intrudiert die Klinker. Durch die freigesetzten Gase (vor allem Kohlendioxid und Wasserdampf) kommt es zu explosionsartigen Erscheinungen, verbunden mit der Bildung von Brekzien, wie bei dem Sammlungsobjekt zu sehen ist.
Quelle: BGR. Foto: Solveig Estrada
Übrigens: Das einzige bekannte Vorkommen an fossilen Flözbrandgesteinen in Deutschland befindet sich in Epterode bei Großalmerode (Nordhessen), wo Sedimente des Oligozäns (circa 30 Millionen Jahre) durch einen Kohleflözbrand in "Porzellanjaspis" umgewandelt wurden (Echle 1964).
Literatur:
Echle, W. (1964): Mineralbestand und Entstehung des "Porzellanjaspis" von Epterode (Nordhessen). – Beiträge zur Mineralogie und Petrographie, 10: 32-41.
Estrada, S., Piepjohn, K., Frey, M.J., Reinhardt, L., Andruleit, H., & Gosen, W. von (2009): Pliocene coal-seam fires on southern Ellesmere Island, Canadian Arctic. – Neues Jahrbuch Geol. Paläont. Abh., 251: 33-52.
Grapes, R. (2006): Pyrometamorphism. – 275 pp.; Berlin/Heidelberg (Springer).
Piepjohn, K., Estrada, S., Reinhardt, L., Gosen, W. von & Andruleit, H. (2007): Origin of iron-oxide and silicate melt rocks in Paleogene sediments of southern Ellesmere Island, Canadian Arctic Archipelago, Nunavut. – Canadian Journal of Earth Sciences, 44: 1005-1013.
Autoren: Dr. Solveig Estrada und Dr. Karsten Piepjohn
Übrigens: Die BGR unterhält Sammlungen in Berlin und Hannover, hier in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG). Sie gehören zu den großen geowissenschaftlichen Sammlungen in Deutschland.
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