IV/20: Kleinstes Gitterfenster – Truncatoscaphus pauciramosus
Das Sammlungsobjekt des Quartals
Bei diesem nur etwa 2-Tausendstel Millimeter großen Objekt, das einem mikroskopisch kleinen Gitterfenster ähnelt, handelt es sich um den kreidezeitlichen Coccolithen Truncatoscaphus pauciramosus. Der Name bedeutet übersetzt so viel wie „gestutztes Boot“ (lat. scapha = Boot, Kahn; truncare = abschneiden, stutzen) mit nur wenigen Verzweigungen (lat. pauci = nur wenige; ramosus = vielverzweigt). Coccolithen sind fossile Reste von kalkigen Algen (Coccolithophoriden), die in den Ozeanen seit der späten Trias, also seit circa 220 Millionen Jahren, überliefert sind und eine bedeutende Gruppe des marinen Phytoplanktons stellt. Darüber hinaus sind Coccolithophoriden seit dem oberen Jura wichtige Karbonatproduzenten. In den heutigen Ozeanen wird im Durchschnitt 12 % des offenozeanisch abgelagerten Karbonats von Coccolithophoriden produziert.
Ein Coccolithophorid wird aus mehreren Coccolithen aufgebaut und hat etwa eine Größe zwischen 0,01 und 0,1 mm. Die Coccolithen bilden meist kugelige bis eiförmige Körper, die die Zelle umgeben und als Coccosphären bezeichnet werden. Vollständige Coccosphären sind allerdings selten fossil überliefert. Ein einzelner Coccolith von Truncatoscaphus pauciramosus besteht, wie in der rasterelektronischen Aufnahme erkennbar, wiederum aus einer Vielzahl winziger Kalzitelemente.
Systematisch wird Truncatoscaphus in die Ordnung Stephanolithiales gestellt, aus der sich die heute in den Ozeanen weit verbreitete Ordnung Syracosphaerales entwickelt haben könnte (Bown et al., 2017). Aufgrund ihrer geringen Größe wird die Gruppe oftmals bei mikropaläontologischen Studien übersehen, stellt aber bei guter Erhaltung unter dem Rasterelektronenmikroskop einen sichtbaren Anteil an den Nannofossil-Vergesellschaftungen.
Die untersuchte Probe wurde einer ingenieurgeologischen Bohrung bei Braunschweig (BP11.1) aus der Tiefe von 24,95 m entnommen und stammt aus den tonigen Abfolgen der Unterkreide (Valanginium-Hauterivium Grenzbereich, circa 133 Millionen Jahre vor heute) im Niedersächsischen Becken, welches zu jener Zeit von einem flachen Meer bedeckt gewesen ist.
Literatur
Bown, P.R., Young, J.R., Lees, J.A. (2017) On the Cretaceous origin of the Order Syracosphaerales and the genus Syracosphaera. J. Micropaleontol. 36, 153-165. doi:10.1144/jmpaleo2016-001.
Eintrag Nannotax3 Datenbank für Truncatoscaphus pauciramosus
Übrigens: Die BGR unterhält Sammlungen in Berlin und Hannover, hier in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG). Sie gehören zu den großen geowissenschaftlichen Sammlungen in Deutschland.
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