10/03: Rollenmeißel 3 JS 241 KK - für die Geothermie im Einsatz
Das Sammlungsobjekt des Monats
Quelle: LBEG
Auf dem Foto ist ein Rollenmeißel abgebildet, dessen kegelförmige Rollen mit so genannten Warzen aus Wolframkarbid bestückt sind. Solche Warzenmeißel (tungsten carbide insert bit) werden gewöhnlich in Gebirgsformationen mit harten, und abreibenden (abrasiven) Gesteinen und hoher Druckfestigkeit eingesetzt. In Abhängigkeit von den Gebirgseigenschaften stehen Warzenmeißel mit unterschiedlicher Anordnung, Form und Größe der Warzen zur Verfügung. In gut bohrbaren, weicheren Formationen mit geringerer Druckfestigkeit werden als Bohrwerkeuge keine Warzenmeißel sondern verschiedene Zahnmeißeltypen eingesetzt.
Die kleine Öffnung (Düse) zwischen den Rollen weist darauf hin, dass der Meißeltyp bei Spülbohrverfahren (Rotary-Bohren) eingesetzt wird. Die Spülung wird bei diesem Verfahren von oben durch das innen hohle Bohrgestänge zum Meißel gepumpt, tritt durch die Düsen in das Bohrloch, nimmt das zerbohrte Gestein (Bohrgut, bestehend aus Bohrklein und Bohrmehl) auf und steigt im Ringraum zwischen Bohrstrang und Bohrlochwand nach oben zum Auslauf aus der Bohrung, wo das Bohrklein (Cuttings) über einem Schüttelsieb wieder von der Spülung abgetrennt wird.
Die im Untergrund vorhandene Erdwärme (Geothermie) nutzbar zu machen, ist seit ca. 30 Jahren ein Forschungsthema in Deutschland, auch im GEOZENTRUM HANNOVER, in der BGR und im Institut für Geowissenschaftliche Gemeinschaftsaufgaben (GGA). Mit dem abgebildeten Warzenmeißel (Typ 3 JS, Serien-Nr. 241 KK) ist im April 1978 in Bad Urach (Schwäbische Alb, Baden-Württemberg) die Forschungsbohrung Urach 3 im ab 1.602 m Tiefe anstehenden Grundgebirge (Kristallin) in 37 Stunden um 65,0 m (1,76 m/h) von 3.060,0 - 3.125,0 m abgeteuft worden (Endteufe im Juli 1978: 3.334 m).
Vor, während und nach einer zweimaligen Vertiefung (1982/83 und 1992) dieser geothermischen Aufschlussbohrung (letzte Endteufe 4.445 m) sind im Kristallin unterhalb 3.259 m Tiefe umfangreiche hydraulische Tests mit Injektions-, Produktions- und Frac (Aufspalt/Aufbrech)-Versuchen im trockenen heißen Gebirge durchgeführt worden. Sie lieferten wichtige Erkenntnisse über Verteilung und räumlichen Verlauf hydraulisch aktivierter Kluftsysteme im erbohrten bis über 170 °C heißen Untergrund und ihr mögliches Verhalten bei der Schaffung eines Wärmetauschers im tiefen Untergrund (Hot Dry Rock, HDR-Verfahren).
Im Rahmen eines HDR-Forschungsvorhabens wird die rund 4.500 m tiefe Bohrung Urach 4 niedergebracht und im kristallinen Untergrund von Bad Urach in großer Tiefe zwischen etwa 3.500 m und 4.500 m ein Wärmetauscher- und Zirkulationssystem zwischen den beiden Bohrungen Urach 3 und Urach 4 geschaffen. Damit soll der Nachweis erbracht werden, dass das Hot Dry Rock-Verfahren nahezu überall Strom und Wärme aus heißem Gestein liefern kann.
Weitere Informationen:
- Hänel, R. (Hrsg., 1982): The Urach Geothermal Projekt (Swabian Alb Germany). - 419 Seiten, E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart.
- Tenzer, H., Schanz, U., Homeier, G., Stang, H., Weidler, R. & Baisch, S. (2002): Weiterentwicklung, Nachweis und Demonstration standortunabhängiger HDR-Konzeption zur Strom- und Wärmegewinnung aus heißem Tiefengestein unter Berücksichtigung geologischer, hydraulischer, technischer und wirtschaftlicher Verfahrens- und Anlagenparameter für Basisdaten einer HDR-Pilotanlage. - In: Geothermische Vereinigung e. V. (Hrsg., 2002): 20 Jahre Tiefe Geothermie in Deutschland. -7. Geothermische Fachtagung, 06.-08. November 2002 in Waren (Müritz), Tagungsband, 75-93, Geeste (ISBN 3-932570-46-4).
Autor: Dr. H.-G. Dietrich
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