Erkundung der Grundwassersysteme im Cuvelai-Etosha-Becken (westliches Kalahari-Becken in Angola und Namibia)
Land / Region: Namibia + Angola / südliches Afrika
Projektanfang: 01.01.2018
Projektende: 31.12.2022
Projektstand: 31.12.2022
Hintergrund und Ziele:
Die Erkundung von Grundwasserleitern im südlichen Afrika ist angesichts der wachsenden Bevölkerung, der wirtschaftlichen Entwicklung und des damit steigenden Wasserbedarfs sowie die durch den Klimawandel bedingt steigende Anzahl von Extremereignissen, darunter Dürren, weiterhin von großer Bedeutung. Das Augenmerk richtet sich dabei vermehrt auf tiefer liegende Süßwasservorkommen, die noch nicht vollständig erschlossen sind. Häufig ist wenig bekannt über deren Neubildung, räumliche Ausdehnung und Strömungsbedingungen. Außerdem kann das Alter dieser Grundwasservorkommen mehrere zehntausend bis über hunderttausend Jahre betragen, was bedeutet, dass diese semi-fossilen bzw. fossilen Grundwässer unter Paläoklimabedingungen entstanden und somit nicht oder nur in Teilen erneuerbar sind.
Das internationale Forschungsvorhaben verfolgt zwei unterschiedliche Ziele:
- Zum einen sollen am Beispiel des Cuvelai-Etosha-Beckens (CEB) Methoden zur Erkundung komplexer Grundwassersysteme weiterentwickelt werden; dazu gehören die Entwicklung fernerkundlicher und geophysikalischer Erkundungsmethoden, konzeptioneller und numerischer hydrogeologischer Modelle, geochemische Modellierung und die Bestimmung der Grundwasseralter speziell mithilfe von Edelgasisotopen (Helium-4, Krypton-81).
- Zum anderen soll zusammen mit Partner/-innen aus Angola und Namibia das Potential der Grundwasservorkommen im CEB und die Risiken einer zukünftigen wasserwirtschaftlichen Nutzung der Aquifere abgeschätzt werden. Von besonderem Interesse ist dabei der tiefe Ohangwena-2-Aquifer (KOH-2) in der Grenzregion von Angola und Namibia.
Das Projekt ist verknüpft mit dem internationalen Forschungsprogramm "Use of Long-lived Radionuclides for Dating Very Old Groundwater", in dessen Rahmen die Abschätzung von sehr alten Grundwasseraltern (> 50.000 Jahre) in verschiedenen Aquifersystemen der Welt erfolgt. Koordiniert wird dieses Vorhaben von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA). Ein spezielles Ziel der Kooperation ist es, die Verwendung von insbesondere Helium-4 und dem langlebigen Radionuklid Krypton-81 zu untersuchen, um ihre Zuverlässigkeit als Tracer für alte Grundwässer zu bewerten.
Untersuchungsgebiet:
Das abflusslose CEB befindet sich in etwa zwischen 15°30' und 20°0' südlicher Breite und 14°0' und 18°0' östlicher Länge und bedeckt südliche Teile Angolas und nördliche Namibias. Es ist Teil des Kalahari-Beckens, das sich über Teile Angolas, Sambias, Namibias, Botsuanas und Südafrikas erstreckt und darüber hinaus kleine Teile der Demokratischen Republik Kongos und Simbabwes umfasst.
Gemäß der Klimaklassifikation nach Köppen und Geiger zählt der nördliche Teil des Kalahari-Beckens einschließlich des CEB zu den heißen, trockenen Steppenklimaten (BSh). Es zeichnet sich durch mittlere Jahrestemperaturen zwischen 22 °C und 24 °C und hohe Verdunstungsraten aus und zählt zu der Region mit tropischem Sommerregenmaximum. Der mittlere langjährige Jahresniederschlag ist im Norden (angolanisches Hochland) mit Summen bis zu 900 mm/a und Süden (Otavi Mountainland) des CEB mit über 600 mm/a am höchsten, und nimmt in Richtung des auf etwa 1.100 m NN gelegenen zentralen Teil des Beckens auf 400 – 500 mm/a ab. Aufgrund der semi-ariden Klimabedingungen mit hoher Evapotranspiration (> 2.500 mm/a) sind die Grundwasserneubildungsraten im Flachland extrem gering.
Das Kalahari-Becken ist Teil der intrakontinentalen Hochlandfläche im südlichen Afrika. Die sedimentäre Kalahari-Abfolge wurde in einem tektonisch aktiven Becken seit Beginn der Oberen Kreide abgelagert. Die Untersuchungsgebiete liegen in Zonen, in denen die Kalaharibedeckung mit Werten von über 300 m mit die größte Mächtigkeit aufweist.
Hier befindet sich der tief gelegene KOH-2-Aquifer, der ein hohes Potential für die Grundwassererschließung verspricht und daher im Fokus der Erkundungsarbeiten steht. Er entspricht vom Aufbau her einem mehrschichtigen Grundwasserstockwerk, das sich nachweislich in einem Paläo-Schuttfächer des Cubango-Flusses ausgebildet hat. Der Vorläufer des heutigen Cubango strömte in das CEB, lagerte dabei Sediment ab und bildete auf einer Fläche von ca. 55.000 km² ein enormes Inlanddelta (den Schuttfächer), bis er - vermutlich im Spättertiär – seinen heutigen östlichen Verlauf in Richtung Okavango-Delta einnahm. In den Sedimentschichten des Paläo-Schuttfächers wurde der KOH-2-Aquifer in der Ohangwena-Region Namibias in Teufen von 150 – 300 m nachgewiesen. Die Grundwasserfließrichtung verläuft grob in südlicher Richtung von Angola nach Namibia. Es wird angenommen, dass sich das Haupt-Grundwasserneubildungsgebiet im angolanischen Hochland befindet, wo die Sedimentschichten an der Geländeoberfläche ausbeißen.
Methoden:
Die Erkundung tiefer Grundwasserleiter sollte sich systematisch an der Erfassung der wesentlichen geologisch-tektonischen Strukturen sowie der sedimentologischen Prozesse ausrichten. Ein interdisziplinärer Ansatz wird entwickelt und angewandt, der folgende Untersuchungsmethoden beinhaltet:
- Detaillierte Analyse der tektonischen Strukturen und der vorherrschenden Ablagerungsprozesse
- Geophysikalische Erkundung, insbesondere mittels elektromagnetischer Verfahren
- Bestimmung der Grundwasserbeschaffenheit und geochemische Modellierung
- Bestimmung der paläoklimatischen Bedingungen bei der Neubildung des Grundwassers mit Hilfe von stabilen Isotopen (als Klimaproxy) und Edelgasen (Edelgasthermometrie)
- Altersbestimmung des Grundwassers mit Hilfe von Helium-4 bzw. radiometrisch mit Kohlenstoff-14, Krypton-81 und Chlor-36
- Erstellung konzeptioneller und numerischer Grundwassermodelle
Zur Gewinnung von Gasproben aus dem Grundwasser wurde ein neues Feldgas-Extraktionsgerät entwickelt und eingesetzt, das einen handelsüblichen hydrophoben halbdurchlässigen Membrankontaktor, eine Membran-Vakuumpumpe, einen Kompressor und einen Memographen zur Aufzeichnung des Gasdrucks und der Wasserströme umfasst.
Ergebnisse:
Im März 2019 wurde eine umfangreiche Probenahmekampagne durchgeführt, die acht Tiefbohrungen des KOH-2-Aquifers umfasste. Gewonnen wurden:
- Wasserproben zur Bestimmung der Grundwasserbeschaffenheit basierend auf Haupt-, Neben- und Spurenelementen, Gehalt an stabilen Isotopen, gesamter anorganischer (TIC) sowie organischer Kohlenstoff (TOC) und Kohlenstoffisotope (Delta-C-13 und C-14)
- Wasserproben in Kupferrohren zur Bestimmung der Edelgasgehalte (Helium, Neon, Argon, Krypton, Xenon)
- Wasserproben in gasdichten Glasfläschchen (sog. "Headspace Vials") zur Bestimmung der Gasgehalte (Edelgase und Stickstoff)
- Gasproben zur Bestimmung der Edelgasisotope Krypton-85 und Krypton-81
Für jede Bohrung wurde das Gas in einem evakuierten 12,3-Liter-Edelstahlzylinder gesammelt und auf ca. 1,5 bar komprimiert. Die Kryptonabtrennung aus dem aus Grundwasser gewonnenen Gasgemisch wird an der Universität Bern, Schweiz, durchgeführt. Die Krypton-Häufigkeiten werden mithilfe von laserbasierten Atomfallen-Spurenanalysen (Atom Trap Trace Analysis (ATTA)) durch das National Laboratory Argonne in den USA bestimmt.
Entlang der angenommenen Fließrichtung des KOH-2-Aquifers ändert sich die chemische Zusammensetzung des Grundwassers von Calcium-Karbonat- zu Natrium-Karbonat-Wässern. Dies deutet sowohl auf Kationen-Austausch als auch auf eine Aussüßungsfront hin. Evaporation – ein Prozess der die Grundwassereigenschaften ebenfalls beeinflussen kann und besonders gut anhand stabiler Isotope sichtbar wird – spielt im KOH-2 hingegen eine untergeordnete Rolle.
Die Werte der stabilen Isotope im Grundwasser des KOH-2-Aquifers sind verglichen mit den Werten in heutigem Niederschlag sehr niedrig. Dies deutet darauf hin, dass die Grundwasserneubildung unter kühleren, sprich paläoklimatischen Bedingungen stattgefunden hat. Diese Erkenntnis deckt sich mit den Ergebnissen der Edelgasmessungen. Durch Simulation wurde eine Edelgastemperatur von rund 18 °C bei der Neubildung ermittelt – deutlich niedriger also, als die rezente mittlere Jahrestemperatur im angolanischen Hochland, dem Grundwasser-Neubildungsgebiet.
Die ersten Altersdatierungen im KOH-2-Aquifer lassen darauf schließen, dass die Alter des Grundwassers das mit der Radiokarbondatierung ermittelbare Alter (rund 30.000 Jahre) z. T. deutlich überschreiten.
Literatur:
- HIMMELSBACH, T. (2017): Tiefe, semi-fossile Grundwasserleiter im südlichen Afrika: Hydrogeologische Untersuchungen im Norden von Namibia. - GMIT – Geowiss. Mitt., 67: 7 - 18. (PDF, 4 MB)
- HOUBEN, G.J., KAUFHOLD, S., MILLER, R.M., LOHE, C., HINDERER, M., NOLL, M., HORNUNG, J., JOSEPH, R., GERDES, A., SITNIKOVA, M. & QUINGER, M. (2020): Stacked megafans of the Kalahari Basin as archives of paleogeography, river capture, and Cenozoic paleoclimate of southwestern Africa. - Journal of Sedimentary Research, 90(9), 980-1010; doi: 10.2110/jsr.2020.46
- HOUBEN, G., KAUFHOLD, S., LOHE, C., MILLER, R.M., SITNIKOVA, M., JOSEPH, R., NOLL, M., HORNUNG, J., HINDERER, M. & QUINGER, M. (2019): Core drilling WW203302, Report on mineralogical, granulometric and hydraulic analysis of core material. - Fachbericht des TZ-Projekts "Grundwassermanagement im Norden Namibias", 117 S., Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), Hannover.
- LINDENMAIER, F., MILLER, R., FENNER, J., CHRISTELIS, G., DILL, H.G., HIMMELSBACH, T., KAUFHOLD, S., LOHE, C., QUINGER, M., SCHILDKNECHT, F., SYMONS, G., WALZER, A. & WYK, van B. (2014): Structure and genesis of the Cubango Megafan in northern Namibia: implications for its hydrogeology. - Hydrogeol J 22(6): 1307–1328; doi: 10.1007/s10040-014-1141-1
- SCHILDKNECHT, F. (2012): Groundwater Exploration with TEM-soundings in the Cuvelai-Etosha Basin. - Fachbericht Vol. I-d des TZ-Projekts “Grundwasser für den Norden Namibias”, Department of Water Affairs and Forestry (DWAF), Windhuk & Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), Hannover.
- WALLNER, M., HOUBEN, G., LOHE, C., QUINGER, M. & HIMMELSBACH, T. (2017): Inverse modeling and uncertainty analysis of potential groundwater recharge to the confined semi-fossil Ohangwena II Aqufer, Namibia. - Hydrogeol J 25(8): 2303-2321; doi: 10.1007/s10040-017-1615-z