Die Grundwasservorkommen von Deutschland
Grundwasser ist auch in Deutschland ein lebenswichtiges und unverzichtbares Gut. Für einen Großteil der Bevölkerung ist es die einzige Quelle zur Deckung des täglichen Wasserbedarfs. In der öffentlichen Wasserversorgung, die vor allem Haushalte, öffentliche Einrichtungen und Kleingewerbe mit Wasser versorgt, ist Grundwasser mit einem Anteil von über 60 % die am häufigsten geförderte Ressource, während in der nichtöffentlichen Wasserversorgung, bei der sich Industriebetriebe hauptsächlich selbst mit Wasser versorgen, Grundwasser mit einem Anteil von unter 15 % nur eine untergeordnete Rolle spielt.
Nach Angaben des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ist die jährliche Fördermenge der öffentlichen Wasserversorger in den letzten 30 Jahren von knapp 6,77 Milliarden Kubikmeter auf 5,45 Mrd. m³ und damit um knapp 20 % bzw. gut 1,3 Mrd. m³ zurückgegangen. Die jährliche Grundwasserförderung einschließlich Quellwasser ist seit 1990 von rund 4,8 Mrd. m³ zunächst kontinuierlich gesunken und hat sich seit etwa 2010 bei 3,6 Mrd. m³ stabilisiert. Seit 2015 steigen sowohl die geförderte Gesamtwassermenge als auch die Grund- und Quellwassermenge wieder leicht an.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts wurden im Jahr 2019 durch die öffentliche Wasserversorgung insgesamt 5,35 Mrd. m³ Wasser gewonnen, davon 3,78 Mrd. m³ Grund- und Quellwasser (70,6 %). In der nichtöffentlichen Wasserversorgung wurden 2019 insgesamt 15,36 Mrd. m³ Wasser gefördert, davon 2,29 Mrd. m³ Grund- und Quellwasser (14,9 %).
Insgesamt wurden im Jahr 2019 in Deutschland 20,71 Mrd. m³ Wasser gewonnen. Mit 12 Mrd. m³ (58 %) dominiert das Flusswasser, das vor allem für Kühlzwecke in Kraftwerken genutzt wird. Grund- und Quellwasser hat einen Anteil von 6,1 Mrd. m³ (29,3 %), gefolgt von See- und Talsperrenwasser mit 1 Mrd. m³ (5 %), Uferfiltrat mit 0,9 Mrd. m³ (4,2 %) und angereichertem Grundwasser mit 0,5 Mrd. m³ (2,4 %). Die Verteilung der verschiedenen Wasserarten auf die einzelnen Wirtschaftszweige ist in dieser Abbildung dargestellt.
Die gesamte Wassergewinnung in Deutschland, also die Summe aus öffentlicher und nichtöffentlicher Wasserversorgung, ist stark rückläufig und hat sich in den letzten 30 Jahren mehr als halbiert. Die Entnahmemenge ist von gut 46 Mrd. m³ auf ca. 21 Mrd. m³ zurückgegangen.
Bezogen auf die mittlere Grundwasserneubildung im Betrachtungszeitraum 1961-1990 von 48,2 Mrd. m³/a (mittlere Wasserbilanz Deutschland 1961-1990) entsprechen die im Jahr 2019 geförderten 6,1 Mrd. m³ Grund- und Quellwasser 12,6 %. Umgerechnet auf die Fläche Deutschlands entspricht dies einer Wasserhöhe von 17 mm. Vergleichbare Daten zur aktuellen Grundwasserneubildung in Deutschland liegen derzeit nicht vor, es wird jedoch davon ausgegangen, dass die Grundwasserneubildung im Zeitraum 1991-2020 leicht zurückgegangen ist.
Eine relativ einfache Methode zur Beurteilung der Grundwassersituation in Deutschland ist die flächendeckende Beobachtung und Auswertung der Grundwasserstände. Dies geschieht mit Hilfe der Fachanwendung GRUVO. Ein maschinelles Lernverfahren ermöglicht eine bundesweit einheitliche Darstellung der vergangenen, aktuellen und zukünftigen Grundwasserstände, die in regelmäßigen Abständen aktualisiert wird. Dabei werden die Grundwasserstände an ca. 120 Referenzmessstellen und über 4.200 zugehörigen Clustermessstellen für den Referenzzeitraum 1991-2020 in fünf Zustandsklassen dargestellt.
Die Grundwasserförderanteile der öffentlichen und nichtöffentlichen Wasserversorgung sind in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich, wie die Zahlen in Tabelle 1 und Tabelle 2 zeigen. In Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und im Saarland basiert die öffentliche Wasserversorgung zu nahezu 100 % auf Grund- und Quellwasser, gefolgt von den Ländern Brandenburg (87,6 %), Hessen (87,0 %), Niedersachsen (86,9 %), Rheinland-Pfalz (84,7 %) sowie Bayern mit 84,2 % und Mecklenburg-Vorpommern mit 84,1 % Grund- und Quellwasseranteil. Am unteren Ende des Ländervergleichs liegen Nordrhein-Westfalen (48,8 %), Sachsen-Anhalt (46,2 %), Sachsen (32,4 %) und Berlin mit 24,1 % Grund- und Quellwasseranteil an der öffentlichen Wasserversorgung. Berlin gewinnt einen Großteil seines Trinkwassers aus Uferfiltrat, in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen werden rund 40 % des Trinkwassers aus Seen und Talsperren gewonnen.
In der nichtöffentlichen Wasserversorgung spielt Grundwasser relativ gesehen eine eher untergeordnete Rolle. Hier dominiert in der Regel das Flusswasser, das vor allem für Kühlzwecke in Betrieben der Energieerzeugung genutzt wird. Lediglich in Sachsen (66,5 %) und in Brandenburg (55,9 %) liegt der Anteil von Grund- und Quellwasser bei den nichtöffentlichen Versorgern über dem Anteil von Fluss-, See- und Talsperrenwasser.
Absolut betrachtet liegt Bayern bei der öffentlichen Wasserversorgung mit einer jährlichen Grundwassergewinnung (einschließlich Quellwasser) von 808 Mio. m³ deutlich vor den Bundesländern Nordrhein-Westfalen mit 587 Mio. m³ sowie Niedersachsen mit 526 Mio. m³ und Baden-Württemberg mit 484 Mio. m³ (Tabelle 1). Bei der nichtöffentlichen Wasserversorgung sticht Nordrhein-Westfalen mit 766 Mio. m³ Grund- und Quellwassergewinnung aufgrund der dort ansässigen wasserintensiven Stahl-, Chemie- und Bergbauindustrie deutlich hervor. Es folgen Niedersachsen mit 280 Mio. m³, Bayern mit 278 Mio. m³, Brandenburg mit 252 Mio. m³ und Sachsen mit 216 Mio. m³ Grund- und Quellwassergewinnung (Tabelle 2).
Die Grundwasservorkommen in Deutschland sind in Abhängigkeit vom geologischen Untergrund und den hydrogeologischen Verhältnissen regional ungleichmäßig verteilt (siehe Abbildung). Auf etwa 40 % der Landesfläche erstrecken sich Porengrundwasserleiter mit zum Teil sehr bedeutenden Grundwasservorkommen. Kluft- und Karstgrundwasserleiter nehmen etwa 21 % der Fläche ein. Im übrigen Deutschland wird der Untergrund von Poren- und Kluftgrundwasserleitern aufgebaut, die nur lokal begrenzte oder keine nennenswerten Grundwasservorkommen aufweisen.
Das größte zusammenhängende Gebiet mit ergiebigen Grundwasservorkommen ist das Norddeutsche Tiefland, das überwiegend aus mächtigen Sanden und Kiesen quartären und tertiären Alters aufgebaut ist. Von besonderer Bedeutung sind hier die oberflächennahen Vorkommen im Verlauf der Urstromtäler oder in tieferen eiszeitlichen Rinnen. Auch die Lockergesteine des Quartärs und Tertiärs im Alpenvorland bilden ausgedehnte und ergiebige Porengrundwasserleiter. Darüber hinaus zählt der gesamte Oberrheingraben zu den Gebieten mit sehr ergiebigen Grundwasservorkommen. In der Niederrheinischen Bucht sowie im Niederrheinischen Tiefland bilden mächtige, zum Teil übereinanderliegende und ergiebige Porengrundwasserleiter einige der bedeutendsten Grundwasservorkommen Deutschlands. In diesen Vorkommen liegen in der Regel auch die großen Wassergewinnungsanlagen der öffentlichen Wasserversorger.
In den Mittelgebirgen finden sich regional bedeutende Grundwasservorkommen mit höheren Ergiebigkeiten in den Kalksteinformationen der Schwäbischen und Fränkischen Alb sowie in Thüringen, im Muschelkalk zwischen Main und Schwarzwald und in der Kreide Ostwestfalens (Karstgrundwasserleiter), in den mächtigen Sandsteinen des Pfälzer Walds, des Schwarzwalds, des Spessarts und des Sollings und nicht zuletzt im Basalt des Vogelsbergs (Kluftgrundwasserleiter).
Mittelgebirge wie das Rheinische Schiefergebirge, der Harz, der Thüringer und Bayerische Wald, das Erzgebirge und der Hochschwarzwald bestehen überwiegend aus gering grundwasserleitenden Gesteinen wie Tonschiefern, kristallinen Schiefern und Tiefengesteinen. Als lokale Grundwasservorkommen können hier die sandig-kiesigen Talfüllungen und Schuttfächer am Fuß der Gebirge sowie die in den Schiefergebirgen lokal eingelagerten Vorkommen verkarsteter Kalk- und Dolomitgesteine genutzt werden.
Eine umfassende Beschreibung der regionalen Grundwasserverhältnisse in Deutschland enthält die Veröffentlichung der Staatlichen Geologischen Dienste (SGD) und der BGR mit dem Titel "Regionale Hydrogeologie von Deutschland - Die Grundwasserleiter: Verbreitung, Gesteine, Lagerungsverhältnisse, Schutz und Bedeutung".
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